Die Travel Essentials von ByAnnie wollte ich vor vielen Jahren in ihrer ersten Version schon gerne nähen. Ich kannte Annie Unrein und ihre Schnitte von Craftsy und hatte mehrere Kurse von ihr gesehen.
Mit den Nähgang Videos der 2.0 Version bekam ich nun erneut große Lust auf den Schnitt, obwohl ich wirklich keine Kulturtasche benötige. Was ich aber brauchte war ein fester Ort für folgende Dinge:

Meine Farbkarte der Paintbrush Studio Solid Stoffe, die Farbkarte für YKK Reißverschlüsse und auch der Garn-Farbfächer von Aurifil mitsamt der Aurifil-Garne. Natürlich könnte ich das alles schnöde in den Schrank stellen. Wollte ich aber nicht. Und weil ich eh gerade eine „Ausrede“ brauchte, um mit Hilfe der Videos von Täschi die Travel Essentials 2.0 zu nähen, wollte ich sie für diesen Zweck umfunktionieren.
Meine Travel Essentials ist nicht zum Reisen gedacht, sondern wirklich nur als hängende Aufbewahrung fürs Nähzimmer, weshalb ich von vornherein viele Dinge weggelassen und einige geändert habe:
Ich brauche keinen Gurt zum umhängen, daher habe ich weder den Gurt noch die Befestigungen dafür genäht. Ich will sie auch nicht tragen, weshalb ich auch den Griff und die Griffstabilisierung weggelassen habe. Nicht mal schließen möchte ich sie, weshalb auch kein D-Ring in der Mitte befestigt ist.
Weil sie wirklich nur hängen soll, habe ich auch Position von D-Ring und Karabiner vertauscht.
Ich glaube zwar nicht, dass ich es mal brauche, aber ich habe die Funktion mitgenäht, für die der Karabiner (eigentlich der D-Ring) in der Reißverschlusstasche auf der Rückseite verstaut wird, so dass bei Bedarf beide zu einer Schlaufe verbunden werden können. Der D-Ring ist bei mir die Hauptaufhängung und daher oben platziert.

Statt 2 kleiner Vinylfächer und einem kleinen Meshfach habe ich folgende Fächer:
1 großes Vinylfach für die Farbkarten:
Ich mag die so sehr, dass ich sie gerne sichtbar haben mag. Irgendwie machen die bunten Farbkleckse Freude. Ich glaub das geht nicht nur mir so, ich habe schon in vielen Nähzimmern Farbkarten an der Wand hängen sehen. Für eine komplett aufgeklappte Farbkarte reicht der Platz natürlich nicht, aber ich habe die Größe des Vinylfaches so gewählt, dass die halb aufgeklappte Farbkarte der Paintbrush Studio Solids und die YKK-Reißverschluss-Farbreihen nebeneinander platziert werden können.

1 schmales und 1 sehr großes Meshfach:
Meine (wenigen) Aurifil-Garne habe ich nie bei meinen anderen Nähgarnen aufbewahrt. Ich nähe ja hauptsächlich Kleidung (mithilfe von Polyestergarn) und mag es daher nicht, wenn die Garne vermischt werden. Aber wohin dann mit den Baumwollgarnen? Hier in den Fächern sind sie nun sehr gut aufgehoben. In der oberen Reihe die kleinen Garnrollen (bei mir hauptsächlich 28 wt)

und in dem großen Fach darunter auch die großen Konen (28 wt und 50 wt)

Das Hauptfach
ist bei mir deutlich weniger hoch als im Original. Zum einen gab mir das mehr Platz für die oben genannten Fächer. Aber vor allem wollte ich es für meinen Zweck auch wirklich flacher haben.

Es sollte nämlich ein Fach extra für das Swatch Book 1.1 werden – die Aurifil Farbkarten. Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass ich die Verwendung der einzelnen Farbkarten praktischer finde als die Fächerfunktion. Umso mehr wollte ich sie gut verstaut wissen und nicht einzeln irgendwo rumfliegen haben.

Ich habe die Travel Essentials 2.0 an einem Wochenende genäht, was für mich ziemlich schnell ist. Das lag aber vor allem daran, dass ich keinerlei Vorbereitung vornehmen musste: Mir ist eingefallen, dass ich ein komplett vorbereitetes Rucksack-Set im Schrank habe. 2017 wollte ich nämlich den Rucksack „The Essential Backpack“ von Annie Unrein nähen. Und dafür werden so ziemlich die gleichen Dinge gebraucht (nur halt in anderer Menge / anderen Maßen).

Für den Rucksack hatte ich damals viele Lagen Soft and Stable mit Vorder- und Rückseitenstoff gequiltet. Ich habe viele Meter Schrägband im schrägen Fadenlauf zugeschnitten und vernäht und diverse Binding-Streifen zugeschnitten. Ich musste mich tatsächlich nur noch dran bedienen, es lag alles bereit in meiner Kiste. Den Rucksack habe ich damals kurz nach der Vorbereitung abgebrochen. Ich hatte die erste Tasche genäht und bestickt und dann aus irgendeinem Grund Pause gemacht. Nach der längeren Nähpause hatte ich ein sehr schlechtes Gewissen: ich hatte all diese Dinge gekauft und vorbereitet, wollte den Rucksack aber nicht mehr nähen: Die Größe erschien mir nicht mehr sinnvoll. Er hatte irgendwie eher Kindergröße fand ich plötzlich. Kombiniert mit den Patchworkstoffen war das kein Rucksack mehr, den ich draußen tragen wollte. So wanderte das aufwändig vorbereitete Projekt für lange Zeit in meinen Schrank. Weil auch für die Travel Essentials die Vorbereitungen exakt gleich sind, erinerte ich mich wieder daran, suchte mein UFO raus und breitete alles im Nähzimmer aus.

Ich wollte die Maße vergleichen und kam schnell zum Entschluss, dass alles reicht, wenn ich 2 Stücke Soft and Stable verbinde. Vom BH nähen weiß ich, dass das kein Problem ist das einfach Kante an Kante per Zick Zack zu verbinden. Unter einem Bindingstreifen hab ich das dann etwas versteckt.
(Genau am unteren Rand des schmaleren Mesh Faches für die kleinen Rollen)

Was ich nicht verwenden konnte waren die Reißverschlüsse. Es handelte sich hier um recht dicke Taschenreißverschlüsse. Ich hatte aber noch Reste diverser Endlosreißverschlüsse. Die reichten gerade so für die Fächer die ich plante.
Erst als ich schon diverse Fächer angenäht habe, ist mir aufgefallen, dass das Blumenmuster auf dem Kopf steht. Durch die Blumenstängel fällt das auf. Upsi…

Aber im befüllten Zustand wird davon eh nicht mehr viel zu sehen sein.

Durch mein langes Vinylfach musste ich stark aufpassen in welcher Reihenfolge ich Vinyl und Außenfach annähe. Also genaugenommen musste ich erst das Außenfach unten annähen (um nicht durch das Vinyl zu nähen, das auf der anderen Seite deutlich länger ist als die RV-Tasche), durfte es aber oben und an den Seiten noch nicht festnähen. Dann habe ich das Vinylfach oben angenäht, durfte dies aber unten noch nicht festnähen 😉 Für die restlichen Fächer war die Rückseite egal, da sie nie zu sehen sein wird und es außen keine weiteren Fächer gibt.

Weil ich dieses extragroße Meshfach haben wollte, hab ich mich für eine entsprechend schmale Blende über der großen Tasche entschieden. Also im Grunde gibt es kaum Maßen die noch dem Original entsprechen. Eigentlich nur die Breite des gesamten Bodys und das Ober- und Unterteil der unteren Tasche (Taschenklappe und Boden).

Auch mein Schrägband war nicht ganz 2 1/4 inch, nur 2 1/8. Aber das machte keinen Unterschied. Und in der entscheidenden Stelle beim Verbinden zweier Enden hat Täschi beschrieben, worauf es ankommt, wenn die Maße anders sind, daher hat alles bestens geklappt. Überhaupt waren alle Erklärungen von ihr ganz große Klasse.
Meine „2 besten Freunde“ bei diesem Projekt waren Style-Fix und Steam-A-Seam. Letzteres hatte ich nur im Haus, weil ich die Penny von Spatz&Lux demnächst noch nähen möchte. Das Steam-A-Seam ist für mich die Entdeckung des Jahres muss ich sagen. Nachdem ich eine Seite Schrägband bereits angenäht habe, habe ich vor dem Umklappen Steam-A-Seam angebracht und das Schrägband richtig schön gelegt, bevor ich es angenäht habe. Noch nie wurden meine Schrägbandrückseiten so schön!! Und Style-Fix ist ja eh ein tolles kleines Helferlein, nicht nur beim Reißverschluss annähen.

Was für dieses Projekt auch zum ersten Mal zur Verwendung kam, war das Corner Tool von Liesel & Fred.

Obwohl – eigentlich sogar gerade weil – ich so sehr vom Original abwich, waren die Videos von Täschi mega hilfreich. Die Anleitungen von Annie Unrein enthalten zwar inzwischen ein paar Zeichnungen (die 1.0 Version war fast nur Text), aber es war sooo viel übersichtlicher in den Videos zu sehen was wo hinkäme. Dadurch konnte ich dann sehen welche Auswirkungen meine Änderungen haben werden. Ich habe alle Videos mehrmals gesehen. Weil ich sie in unterschiedlicher Reihenfolge brauchte, aber auch weil mir die Infos einfach so sehr geholfen haben.
Mit meinem Ergebnis bin ich sehr glücklich. Meine Travel Essentials 2.0 geht zwar nicht auf Reisen, fühlt sich im Nähzimmer aber sicher genauso wohl

Ich habe immer noch Reste des gequilteten Soft and Stable und auch noch passendes Binding übrig. Wird wohl demnächst noch ein weiteres Annie Unrein Projekt folgen. Sie hat ja auch sehr viele Anleitungen für kleine Taschen